Rede am 20. April 2018 Demo "Leipzig für alle"

Ein paar Worte?

 

Wie fasst man Angst, Wut und Fassungslosigkeit in ein paar Worten zusammen?

Wie presst man dieses Thema auf drei vier DIN A4 Seiten?

 

Eigentlich gar nicht…

 

Man sollte ununterbrochen darüber reden, was die Not um unser Wohnen, die Angst um unsere Bleibe mit uns macht.

Viele lässt sie stumm zurück.

 

Die die schon gegangen wurden,

die Armen,

diejenigen die als sozial-schwach beschimpft werden

(dabei haben sie nur nicht ausreichend Geld)

sind schon nicht mehr in unseren Städten.

 

Sie sind oft genug an Orten entsorgt, die wir kennen, aber in die wir nie ziehen würden.

 

Auch der Leipziger Osten war über Jahre, für einen Großteil der Leipziger,

die Kippe auf der die Probleme der Stadt entsorgt wurden.

Hier lebten die, auf die man herabsah.

 

Hier zog noch vor fünf Jahren kein Student oder hipper Neubürger her.

 

Nicht dass Ihr mich falsch versteht.

Alle sind willkommen.

Hier.

Alle die etwas schöpfen,

die Impulse geben,

kreativ sind,

kleine Glücke leben wollen.

 

Aber die,

die unsere Städte und Dörfer,

unsere Häuser und Wohnungen,

die unser Leben nur als verwertbaren Grundstoff für ihre Gier nach mehr sehen,

denen sei gesagt:

 

Gier ist die zweite Todsünde, und wer es mit Gott nicht so hat,

Ihr, die ihr uns bedrängt, verdrängt

und unsere Lebenskultur nur akzeptiert weil ihr sie marktwertsteigernd einstuft,

ihr seid die sozial schwachen,

 

die Asozialen.

 

Ein Film,

ein schmieriger Film von Verwertungslogik zieht sich über unser Gemeinwesen.

 

Hier wird die politische Bevormundung von vor dreißig Jahren durch die pekuniäre Bevormundung ersetzt.

 

Ich brauche kein genormtes Leben.

Ich will mir nicht vorschreiben lassen,

wie ich wohnen muss

und deshalb jede noch so abwegige Modernisierung akzeptieren.

 

Warum sollen die Leute,

die unverdient Zugriff auf ein immenses Geldvermögen haben,

den Menschen in diesem Land vorschreiben dürfen

wie sie und

wo sie zu wohnen haben?

 

Nehmen wir unser Grundgesetz ernst, so ergeben sich aus dem Artikel 14 Absatz 2 Verpflichtungen. Weil es ein Grundrecht ist möchte ich ihn zitieren:

 

Eigentum verpflichtet.

Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

 

In Leipzig wohnen mehr als 80 % der Menschen zur Miete

und jede Wohnung gehört irgend jemanden.

 

Genau diese Eigentümer,

wer sie auch seien und

woher sie auch kommen mögen,

müssen sich an die Grundregeln unseres Gemeinwesens halten.

 

Und um auf die schon Verdrängten zurück zu kommen:

 

Heute sollen wir ihnen nachfolgen.

Ein zweiter Austausch, ein dritter

… ein weiterer ist geplant.

 

Für den Profit Weniger.

 

Jetzt ist das Problem in der Mitte der Gesellschaft angekommen und

zerstört Demokratie.

 

Diese Gier der Wenigen verhindert die Teilhabe aller hier lebenden.

 

Wir sind auf die Straße gegangen

letzte Woche in Berlin heute hier,

um

zu sagen

zu schreien

zu brüllen

zu singen

zu dichten

zu weinen

 

um unsere Städte.

 

Liebe Deine Stadt.